Der Social Jetlag beschreibt die Verschiebung des eigenen Schlaf-Wach-Rhythmus zwischen Wochentagen und Wochenenden, was Jetlag ähnliche Symptome hervorrufen kann 20.
Unser Leben wird durch drei Uhren bestimmt, der Social Jetlag beschreibt eine Dysbalance dieser Uhren: So stehen die Innere (biologische) Uhr, welche zum Beispiel durch zirkadiane Rhythmen bestimmt wird und die sogenannte „soziale Zeit“, also unsere, hervorgerufen z. B. durch gesellschaftliche Verpflichtungen, tatsächliche Schlafenszeit, in einer Dysbalance. Die dritte Uhr ist die Sonnen Uhr, also die von außen gegebene Uhr, zum Beispiel durch Tag und Nacht. Auch hier kann es beim Social Jetlag vorkommen, dass die soziale Zeit nicht mit dem Tag-Nacht-Rhythmus übereinstimmt. Beispielsweise, wenn man in Nachtschichten arbeiten muss 21.
In der Theorie des Social Jetlags wird die Differenz im Mittelschlafzeitpunkt zwischen Arbeitstagen und arbeitsfreien Tagen untersucht. So unterschieden sich, laut einer Studie aus dem Jahr 2012, die biologische und soziale Uhr um mehr als 1 Stunde bei 70 % der Bevölkerung 22. Es wird angenommen, dass Personen am Wochenende mehr nach ihrer biologischen Uhr leben und unter der Woche mehr nach der sozialen Zeit. Schließlich hat man an arbeitsfreien Tagen meist mehr Spielraum bezüglich der Wach- und Schlafenszeiten. Besonders betroffen sind sogenannte „Eulen“ (späte Chronotypen), die spät schlafen und spät aufwachen möchten 23.
Gründe für den Social Jetlag sind beispielsweise:
- Schichtarbeit
- 24 Stundengesellschaft
- „blaues Licht“, welches uns künstlich wachhält
Social Jetlag kann somit als Produkt der Industrialisierung interpretiert werden. Wir sind rund um die Uhr erreichbar und können durch künstliches Licht die Sonnenuhr umgehen. Dabei stehen feste Arbeitszeiten meist nicht in Einklang mit unseren inneren Bedürfnissen. So berichten 80 % der Bevölkerung, dass sie unter der Woche einen Wecker benötigen, was zu Schlafmangel und -verschiebung führen kann. Wir schlafen meist zu spät ein und wachen zu früh auf 24.
Die Folgen des Social Jetlags ähneln daher auch stark denen eines Schlafmangels, welche oben im Artikel bereits thematisiert wurden. So zeigen Studien einen Zusammenhang zwischen Social Jetlag und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Stoffwechselstörungen, Typ-2-Diabetes und weiteren Erkrankungen. Bei erwerbstätigen älteren Menschen mit Typ-2-Diabetes zeigt sich ein direkter Zusammenhang zwischen Social Jetlag und verschlechterten metabolischen Werten 25.
Aber auch unseren Essensrhythmus kann der Social Jetlag stark beeinflussen. So wird zu einer Zeit gegessen, in der der Körper eigentlich nicht auf Nahrung angepasst ist, dies kann den Fettstoffwechsel beeinflussen. Die zeitliche Fehlanpassung kann sich auf den Stoffwechsel, insbesondere auf die Glukose- und Insulinregulation auswirken. Die mögliche Folge kann Adipositas sein. So fanden verschiedene Studien einen Zusammenhang zwischen Social Jetlag und einem erhöhtem BMI und einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für Adipositas 26 27 28. Bei ungesunden Adipösen (also Adipositas in Verbindung mit dem metabolischem Syndrom) war sozialer Jetlag in einer neuseeländischen Studie zudem mit erhöhtem Entzündungswerten und einem erhöhtem Diabetesrisiko verbunden. 29 Eine weitere Studien untersuchte die zugrunde liegenden Mechanismen und fand heraus, dass Personen mit Social Jetlag zu folgenden Essensgewohnheiten neigten 30:
- Essen später am Tag (z. B. späteres Frühstück, Nachmittagssnack und Abendessen)
- Verzehr von mehr Kalorien, v.a. beim Abendessen
- Mehr Fett, gesättigte Fettsäuren, Cholesterin, Fleisch/Eier und Süßigkeiten, sowie ein höheres Risiko für übermäßigen Konsum dieser Lebensmittel
- Sie hatten zudem eine längere Essdauer über den Tag verteilt und höheren Kalorienkonsum nach 21 Uhr.
Auch andere Studien kamen zu ähnlichen Befunden und fanden gleichzeitig auch einen Zusammenhang mit herabgesetzter körperlicher Aktivität und social Jetlag 31.
Fazit: Social Jetlag ist mit einem ungünstigen Ernährungsverhalten verbunden, insbesondere späte Mahlzeiten und ein Übermaß an kalorienreichen und fettreichen Lebensmitteln. Dies könnte den Krankheitsverlauf bei Menschen mit Übergewichts-bedingten chronischen Krankheiten verschlechtern. Oder Mehrgewicht begünstigen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Schlaf einen großen Einfluss auf unseren Organismus haben kann. Gute Schlafhygiene und die Berücksichtigung von schlafbezogenen Atmungsstörungen stellt eine wichtige Säule in der verhaltenstherapeutischen Behandlung von Adipositas dar.